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Mittwoch, den 25. April 2012 um 06:22 Uhr

Milzbrand oder Milchpulver?

Ein zeitsparendes und sehr genaues Verfahren zur Erkennung des Milzbranderregers "Bacillus anthracis" haben Wissenschaftler des Institutes für Photonische Technologien (IPHT) und der Universität Jena entwickelt. Nach nur drei Stunden und minimalem Aufwand ist klar, ob von einem gefährlich anmutenden weißen Pulver Gefahr ausgeht oder nicht.


Weißes Pulver löst Alarm aus

Ende März lösten einige verdächtige Briefe im thüringischen Zeulenroda Alarm aus. Weckte doch die darin enthaltene weiße kristalline Substanz Erinnerungen an Anthrax-Pulver und deren Nachahmungen, die vor einigen Jahren im Zusammenhang mit Terrorwarnungen für Angst und Schrecken sorgten. Auch wenn die Zeulenrodaer Brieffunde "nur" neuartige Drogen enthielten, wird an dem Fall deutlich, dass die Gefahr des Bioterrorismus durch das in Umlaufbringen von Krankheitserregern nicht völlig gebannt ist.

Vor diesem Hintergrund kommt eine dieser Tage im angesehenen Fachblatt "Angewandte Chemie" veröffentlichte Methode zur eindeutigen Erkennung von Anthrax-Sporen gerade recht. "Der Nachweis von Keimen in komplexen Proben wie Lebensmitteln, Erde oder eben weißen Pulvern unbekannter Zusammensetzung stellt eine besondere Herausforderung dar", betont Dr. Petra Rösch, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Physikalische Chemie der Uni Jena (IPC). Verfahren, die auf einer Untersuchung der Erbsubstanz der Bakterien beruhen, erfordern sehr reine Proben und sind zudem durch vorher notwendige Anreicherungsschritte sehr zeitaufwendig. "Wir haben uns schon seit Jahren auf den Nachweis von Mikroorganismen mit Hilfe einer optischen Methode, der Raman-Spektroskopie, spezialisiert", erläutert Prof. Dr. Jürgen Popp, Direktor von IPHT und IPC und Leiter der in beiden Instituten an dem Projekt beteiligten Arbeitsgruppen. "Wir nehmen von den Keimen einen sogenannten spektralen Fingerabdruck, anhand dessen wir sie schnell und eindeutig erkennen."


Gefährlich oder harmlos wird zu 95 % exakt entschieden

Um dies auch in pulverförmigen Substanzen leisten zu können, haben die Jenaer Physikochemiker ihre Methoden einem Härtetest unterzogen: Sie versetzten verschiedene Haushaltspulver wie Backpulver, Mehl, Natron, Vogelsand, Waschmittel oder Schmerztabletten mit genetisch eng verwandten und daher mit bisherigen Methoden kaum unterscheidbaren Bacillus-Keimen, unter anderem auch dem milzbranderregenden Anthrax. Über 5.500 Messungen waren notwendig, um das System zu trainieren, dann hatten die Wissenschaftler eine Trefferquote von rund 95 Prozent erreicht. Theoretisch reichen den Forschern einzelne Zellen, um die mitunter lebenswichtige Entscheidung zwischen "gefährlich" und "harmlos" zu treffen.

Die gewonnen Erkenntnisse können nun auf auch andere Gebiete übertragen werden, etwa wenn es um die Keimbelastung von Lebensmitteln oder Bodenproben geht. "Wir haben die Methode schon sehr erfolgreich für eine Reihe von Anwendungen zuschneiden können", sagt IPHT-Direktor Popp. Bisher kann die Methode schon zur Detektion von Keimen in der Luft, zum Beispiel in Reinräumen oder in Operationssälen, angewendet werden. Zusammen mit Partnern im Uniklinikum Jena arbeitet Popps Team gerade daran, Sepsis-Erreger nicht nur schnell und eindeutig zu bestimmen, sondern auch auf mögliche Resistenzen zu untersuchen. "Der Kampf gegen eine Infektion ist oft ein Wettlauf gegen die Zeit. Durch die enorme Schnelligkeit und Genauigkeit unserer Methode erlangen wir einen großen - oft den entscheidenden - Vorsprung", so Popp.

Mit ihren neuesten Arbeiten zeigen die Jenaer Wissenschaftler, dass sie auch im Rennen gegen mögliche Bioterroristen die Nase vorn haben können.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/PM120424_Anthrax.html

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena (04/2012)


Originalpublikation:
S. Stöckel, S. Meisel, M. Elschner, P. Rösch und J. Popp: Raman-Spekroskopische Detektion von Anthrax-Endosporen in Pulverproben/ Raman Spectroscopic Detection of Anthrax Endospores in Powder Samples,
Angew. Chem. 2012, DOI: 10.1002/ange.201201266,
Angew. Chem. Int. Ed. 2012, DOI: 10.1002/anie.201201266

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