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Freitag, den 13. April 2012 um 10:08 Uhr

Nanopartikel in der Umwelt - Von Modellsystemen zur Realität

Der Frage, wo überall Nanopartikel in der Umwelt zu finden sind und wie sie sich dort verhalten, geht am 17. April eine Session auf der analytica Conference 2012 in München nach. Unter der Leitung von Professor Dr. Fritz H. Frimmel, Karlsruhe, wird zunächst vorgestellt, wie Nanopartikel in die Umwelt gelangen, und dann der Fokus auf ihr Verhalten im Wasser gelenkt. Dazu werden Modellversuche aus den Labors ebenso vorgestellt wie Untersuchungen an natürlichen Wasserproben. Die analytica Conference, die begleitende Tagung zur analytica, der Internationalen Leitmesse für Labortechnik, Analytik und Biotechnologie in München, wird von drei wissenschaftlichen Gesellschaften organisiert; die Nanopartikel-Session von der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh).

Dr. Bernd Nowack von der Empa, einer interdisziplinären Forschungs- und Dienstleistungsinstitution für Materialwissenschaften und Technologieentwicklung in der Schweiz, hebt in seinem Vortrag hervor, dass man zwar wisse, dass technisch hergestellte Nanomaterialien in die Umwelt gelangen, der Kenntnisstand, auf welchen Wegen und in welchen Mengen das geschehe, sei allerdings gering. Untersucht wurde daher, wie Nanomaterialien aus kommerziell erhältlichen Textilien während des Waschens und aus Farbanstrichen bei Bewitterung in die Umwelt gelangen. Neben diesen Beispielen für Umwelteinträge während der Nutzung nanopartikelhaltiger Materialien interessiert natürlich der gesamte „life cycle“ von der Produktion bis hin zur Entsorgung. Fest steht lediglich: Die Nanomaterialien gelangen hauptsächlich über Abwässer, Klärschlämme und die Abfallverbrennung in die Umwelt. Welche Anteile davon der Produktion, der Nutzung oder der Entsorgung zuzuordnen


sind, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Alle chemischen Analysen spielen sich dabei im Spurenbereich ab. Sie zeigen, dass die Nanopartikel zumeist an Matrices gebunden, also angelagert an andere Substanzen, in der Umwelt vorkommen. Man findet sie aber auch feinverteilt als einzelne Partikel oder Agglomerate vor. Diese Unterschiede sind wichtig und zu beachten, wenn man die Wirkung der Nanopartikel auf Lebewesen aller Art beurteilen will.

Noch entscheidender für die Wirkung der Nanopartikel ist ihre chemische Zusammensetzung. Bei der Eawag, der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz im schweizerischen Dübendorf, beschäftigt sich Dr. Ralf Kaegi mit Silbernanopartikeln und fragt in seinem Vortag in München, ob sie „Segen oder Fluch“ seien. Silbernanopartikel finden sich wegen der antimikrobiellen Wirkung des Silberions in wachsendem Maße in Verbraucherprodukten, etwa Kosmetika oder Pflastern. Doch wenn die Nanopartikel in Ab- und Gewässer gelangen, kann diese in Konsumgütern erwünschte Eigenschaft ein Problem werden. Die moderne Abwasserreinigung basiert an zentralen Stellen auf mikrobiellem Abbau der organischen Verunreinigungen. Dieses System könnte durch verstärkten Eintrag von antimikrobiellem Nanosilber gestört werden. Um dieser Frage nachzugehen, untersuchten die Eawag-Forscher den Verbleib von Silbernanopartikeln in Abwasserreinigungsanlagen, sowohl im Großmaßstab als auch in kleineren Pilotanlagen und im Labormaßstab. Dabei zeigte sich, dass der überwiegende Teil des Nanosilbers schnell zu schlecht löslichem und vor allem nicht mehr antimikrobiell wirksamem Silbersulfid umgesetzt wird. Zusätzlich zeigte sich in Versuchen, dass sich die Nanopartikel nicht an vorhandene Biofilme in den Abwasserkanälen anlagern, sondern vielmehr an Feststoffe binden und dann kolloidal abtransportiert werden. Das Abwassersystem wirkt daher als Multi-Barrieren-System auf die Silbernanopartikel. Eine Freisetzung der Silbernanopartikel in die Oberflächengewässer und die Umwelt kann demzufolge weitgehend ausgeschlossen werden.

Neben diesen aktuellen Fragestellungen ist die Vorhersage anderer möglicher Auswirkungen eine wichtige Aufgabe der Wissenschaft, insbesondere für die Sicherheitsforschung und eventuell notwendige gesetzgeberische Maßnahmen. Doch es ist schwierig, Beständigkeit und Verhalten der Nanopartikel vorab zu ermitteln - insbesondere wie diese sich in Gewässern verteilen und welche Mikroorganismen am stärksten von den Nanopartikeln beeinflusst werden. Eine Vielzahl an beeinflussenden Parametern gestaltet eine verlässliche Vorhersage selbst in verhältnismäßig einfachen Modellsystemen sehr komplex. Dr. Frank von der Kammer, Universität Wien, stellt in seinem Beitrag „Verhalten von Nanopartikeln in natürlichen Gewässern: Vom Labor in die Natur und zurück“ vor, wie man empirische Daten zur Stabilität von dispersen Nanopartikeln sammeln und dabei eine Vielzahl unterschiedlicher Bedingungen berücksichtigen kann. So soll eine Vorhersage über das Verhalten von Nanopartikeln zuverlässiger und vergleichbarer und eine Risikoabschätzung leichter möglich werden.


Den Artikel finden Sie unter:

http://idw-online.de/de/news471887

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft / Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. (04/2012)

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