Volltextsuche

Top Suchbegriffe



Mittwoch, den 30. November 2011 um 06:02 Uhr

Was Orangenabfälle mit Ihrer Haut zu tun haben

Die Allianz Industrie Forschung AiF (Köln/Berlin) verleiht in diesem Jahr eine ihrer höchsten Auszeichnungen, den Otto von Guericke-Preis, an PD Dr. Jens Schrader vom Karl-Winnacker-Institut der DECHEMA (Frankfurt/Main). Mit dem von Schrader und seinem Team entwickelten biotechnologischen Verfahren können hochwertige antimikrobielle und konservierende Substanzen aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. So werden Abfallstoffe der Lebensmittelindustrie zu Wertstoffen mit breiter Nutzungsmöglichkeit, wie zum Beispiel in der Kosmetikbranche oder der medizinischen Anwendung. Dazu nutzt Schrader den nahezu unerschöpflichen Werkzeugkasten der Natur.
Der Preis wird jährlich für herausragende Erfolge der Industriellen Gemeinschaftsforschung IGF vergeben, die einen wichtigen Anstoß für Innovationen in der Wirtschaft liefern. IGF-Projekte werden seit 57 Jahren durch das gleichnamige Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) in Partnerschaft mit der AiF gefördert. Die Auszeichnung wird im Rahmen eines Festakts während der öffentlichen 84. Tagung des Wissenschaftlichen Rats der AiF am 7. Dezember 2011 am Sitz der DECHEMA in Frankfurt/Main verliehen.

Schrader entwickelte, aufbauend auf den Ergebnissen eines früheren Projekts der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), eine hocheffiziente und innovative Technologieplattform. Mit dieser Entwicklung gelingt es nun, Monoterpenbasierte Inhaltsstoffe aus Pflanzen, speziell aus Reststoffen der zitrusverarbeitenden Industrie wie beispielsweise Orangenschalen, biotechnologisch zu veredeln. Sie werden mit Hilfe maßgeschneiderter Biokatalysatoren zu industriell hochwertigen und begehrten Wirkstoffen umgewandelt. Dazu zählt auch die antimikrobiell wirkende Perillasäure, die Gegenstand des geförderten Vorhabens war. Zurzeit laufen Arbeiten zur Optimierung und Vorbereitung der industriellen Umsetzung dieses Perillasäure-Prozesses, welche im Rahmen einer Industriekooperation des Instituts mit Mitteln des BMWi gefördert wird.

„Für die erfolgreiche industrielle Anwendung biotechnologischer Produktionsverfahren sind hohe Raum-Zeit-Ausbeuten und kostengünstige Aufreinigungsverfahren essenziell“, sagt Preisträger Schrader, Leiter der Bioverfahrenstechnik am Karl-Winnacker-Institut der DECHEMA. „Durch eine für Monoterpene maßgeschneiderte Prozessführung mit in situ-Produktentfernung sowie durch moderne Methoden der Stammoptimierung können wir effiziente Biokatalysesysteme und damit wirtschaftliche Verfahren entwickeln. Damit werden die notwendigen Grundlagen erarbeitet, um industrielle Kooperationspartner zu gewinnen. Diese Partner bringen diese Arbeiten schließlich in die technische Anwendung und damit in die Produktion und sind in der Lage, die gewonnenen Produkte letztlich auf dem Markt zu positionieren.“

„Innovationsförderung braucht Risikobereitschaft und einen langen Atem“, so Prof. Dr. Stefanie Heiden, Hauptgeschäftsführerin der AiF und Honorarprofessorin für Umwelt- und Industrielle Biotechnologie der Uni Osnabrück: „Das vorliegende Beispiel zeigt, wie es dank sukzessiver Förderung unterschiedlichen Formats mittels DBU, BMWi und AiF gelungen ist, eine vorliegende Problemlösung zur industriellen Anwendungsreife zu entwickeln. Gerade der Industriellen Gemeinschaftsforschung, dem Herzstück der AiF-Aktivitäten, kommt hierbei eine entscheidende Bedeutung zu. Hier werden bereits in einem sehr frühen Stadium in der Wertschöpfungskette die Interessen unterschiedlicher Akteure aus Industrie und Forschung zusammengeführt, und das branchenweit wie branchenübergreifend.“

Das preisgekrönte Forschungsvorhaben wurde von der DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V., einer Mitgliedsvereinigung der AiF, koordiniert. Prof. Dr. Kurt Wagemann, Geschäftsführer der DECHEMA freut es, „dass dieses Vorhaben dank der Industriellen Gemeinschaftsforschung an unserem Institut durchgeführt werden konnte. Die Forschungsergebnisse sind viel versprechend und ein Paradebeispiel für die Möglichkeiten, die biotechnologische Verfahren für die industrielle Forschung und nachhaltiges Wirtschaften bieten. Herrn Schrader ist es mit seinem Team in hervorragender Weise gelungen, ein hoch komplexes und, gerade was die technische Umsetzung anbelangt, anspruchsvolles Forschungsvorhaben zum Erfolg zu führen. Darauf sind wir stolz! Die Preisverleihung schafft weitere Aufmerksamkeit für diese technologische Innovation, und wir sind gespannt, welche weiteren Kooperationen sich hieraus zukünftig entwickeln.“

„Die Märkte der Zukunft sind, davon ist die AiF überzeugt, nachhaltig. Und gerade hier kommt der Biotechnologie als Schlüsseltechnologie zur Etablierung nachhaltiger Produkte und Verfahren eine besondere Bedeutung zu - im Sinne der Agenda 21. Der Schradersche Ansatz demonstriert die hervorragenden Möglichkeiten der Etablierung eines maßgeschneiderten Produktionsprozesses, der gleichzeitig mit überzeugender Wirkung in Sachen Ressourcenschonung, Umweltentlastung und Produktivitätssteigerung gleichermaßen punkten kann“, erläutert Prof. Dr. Stefanie Heiden. „Wollen wir den globalen Herausforderungen begegnen, so benötigen wir noch eine Vielzahl solcher Ergebnisse. In ressourcenschonenden Verfahren und Produkten liegt die große Chance deutscher, insbesondere mittelständischer Unternehmen. Durch die Industrielle Gemeinschaftsforschung IGF wird ihnen die Möglichkeit geboten, an solchen Entwicklungen teilzuhaben, zu wachsen und im internationalen Wettbewerb den technologischen Vorsprung in nachhaltigen Produkten und Verfahren auszubauen. Die Nachfrage nach bioaktiven Substanzen aus natürlichen Quellen, zum Beispiel für innovative Kosmetika, aber auch für die Lebensmittelbranche oder technische Zwecke wächst rasant. Ein erstes Anwendungsbeispiel für Perillasäure im Kosmetikbereich wird derzeit bereits mit einem der deutschen Pionier-Unternehmen der Industriellen Biotechnologie, der BRAIN AG aus Zwingenberg, verfolgt.“

Den Artikel finden Sie unter:

http://www.aif.de/presse/aktuelle-presseinformationen/detailansicht/news/was-orangenabfaelle-mit-ihrer-haut-zu-tun-haben.html

Quelle: Allianz Industrie Forschung AiF  (11/2011)

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.