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Freitag, den 25. November 2011 um 06:53 Uhr

Fremder Frosch im Blumentopf - Biologische Invasionen und deren Vorhersage

Ergebnisse einer Studie von Wissenschaftlern des Senckenberg Forschungsinstituts Dresden legen nahe, dass menschgemachte Faktoren - wie Urbanisierung - für die Verbreitung von Arten eine immer größere Rolle spielen. Großskalige und rein klimabasierte Modelle können zu unpräzisen Vorhersagen über tatsächliche Ausbreitungspotentiale führen. Die zugehörige Studie ist im Fachblatt „Biological Invasions“ erschienen.
Biologische Invasionen gefährden den Erhalt biologischer Vielfalt maßgeblich und sind ein wichtiges Element des globalen Wandels. Eingeschleppte Froscharten verursachen beispielsweise nicht nur ökologische Schäden, sondern auch ökonomische Probleme: Fallende Grundstückspreise aufgrund der Lärmbelästigung durch rufende Frösche oder drohende Importverbote für Waren sind keine Seltenheiten. Während die australische Agakröte und der Ochsenfrosch vielen in diesem Zusammenhang ein Begriff sind, hat man anderen amphibischen Vertretern bisher eher wenig Beachtung geschenkt.

Ein Forscherteam um den Biologen Dr. Raffael Ernst hat nun den Johnstone´s Antillen-Pfeiffrosch unter die Lupe genommen. Der daumennagelgroße Frosch, dessen winzige Kinder direkt – ohne den Umweg über eine Kaulquappe zu nehmen – aus den Eiern schlüpfen, ist ursprünglich auf den Kleinen Antillen in der östlichen Karibik beheimatet. Mittlerweile findet man die Frösche aber in weiten Teilen der Karibik sowie auf dem Südamerikanischen Festland, wo sie stabile Populationen bilden. Modellierungen der zukünftigen Verbreitung lassen vermuten, dass die Art enorme Ausdehnungspotentiale hat und sagen daher Arealerweiterungen vorher.

„Mittels detaillierter statistischer Lebensraummodelle und durch die Auswertung von Langzeit-Daten konnten wir für die vor etwa 10 Jahren in Französisch Guyana eingeschleppte Art zeigen, dass das tatsächliche Invasionspotential bisher weit überschätzt wurde“, erzählt Dr. Raffael Ernst und ergänzt: „Die Art ist hier auf städtische Gärten beschränkt und zeigte in den vergangenen Jahren keine nennenswerten Ausbreitungstendenzen.“
Die Modelle der Dresdner Wissenschaftler zeigen aber auch, dass eine Ausbreitung durchaus möglich ist: Aktiv über kurze Distanzen mittels „Trittsteinhabitaten“ (Gärten) und über längere Distanzen passiv durch Transport von Zierpflanzen, die von den Fröschen als Reproduktionshabitat genutzt werden

Welche Parameter für die Entwicklung von Invasionsmodellen und Artenarealentwicklungen berücksichtigt werden müssen, haben die Senckenberg-Wissenschaftler in einer zweiten Studie im Fachblatt „Global Ecology and Biogeography“ veröffentlicht.

Hierzu wurden über mehrere Jahre erhobene Datensätze von über 25.000 Fröschen aus 84 unterschiedlichen Arten auf 549 unabhängigen Sammelflächen mit einem Arbeitsaufwand von mehr als 850 Feldarbeitsstunden analysiert.
Um zu verstehen, welche Auswirkungen die – meist menschgemachten – Veränderungen auf die Verteilung der Artenvielfalt auf der Erde hat, müssen laut der Studie sogenannte „Arten-Traits“ berücksichtigt werden. „Diese ökologischen Eigenschaften einer Art in Verbindung mit den entsprechenden Umweltbeziehungen müssen in Vorhersagemodelle einbezogen werden“, erklärt Dr. Raffael Ernst, „Nur so können fundierte Vorhersagen über Ökosystemfunktionen und -leistungen und deren potentiellen Verlust aufgrund des globalen Wandels gemacht werden.“

Die zukünftige Ausbreitung des Antillen-Pfeiffrosches hängt beispielsweise weniger von veränderten Klimaparametern, als vielmehr vom Grad der zunehmenden Urbanisierung und dem zunehmenden Warenverkehr zwischen den Regionen ab.

„Die Region des Guyanaschildes im nördlichen Südamerika entwickelt sich momentan rasant,“ warnt Raffael Ernst, „obwohl unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass die Frösche sich in der Vergangenheit weniger schnell ausgebreitet haben als angenommen, raten wir zu einer vorausschauenden Strategie zur Kontrolle der Populationsentwicklung!“


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.senckenberg.de/root/index.php?page_id=5206&PHPSESSID=ha0fumeicq1d1893vnb9begb5ehfk16p&kid=2&id=1948

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen  (11/2011)

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