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Donnerstag, den 04. Januar 2018 um 09:12 Uhr

Forscher weisen Hochleistungsatmung an Knochen nach

Dinosaurier sind keineswegs ausgestorben, sondern dominieren als Vögel auch heute noch weite Teile des Erdballs. Dass die gefiederten Tiere in der Evolution so erfolgreich waren, ist auch ihren Luftsäcken zu verdanken. Die einem Blasebalg ähnlichen Anhängsel der Lunge machen die Atmung deutlich effizienter. Wissenschaftler der Universität Bonn untersuchten den Aufbau von luftsackverbundenen Knochen und fanden sowohl in fossilen als auch modernen Arten eine bislang unbekannte Gewebeform. Die Ergebnisse sind nun im Fachjournal „Biology Letters“ veröffentlicht.

„Die Atmungsorgane der Wirbeltiere weisen eine enorme Formenvielfalt auf, doch das Lungen-Luftsacksystem der Vögel ist absolut einzigartig unter den heute noch lebenden Arten“, sagt Dr. Markus Lambertz vom Institut für Zoologie der Universität Bonn. Luftsäcke sind ballonartige Auswüchse der Lungen, ihre Volumenänderungen sorgen bei der Atmung für die Luftbewegungen im davon unabhängigen Gasaustauscher. Diese funktionelle Trennung ist entscheidend für die herausragende Leistungsfähigkeit dieses Atmungssystems. Aber Luftsäcke haben noch eine Besonderheit: Sie können in die Knochen einwachsen und diese so „pneumatisieren“.

Pneumatisierte Knochen sind sehr leicht, weil sie statt des schwereren Knochenmarks nur Luft enthalten, was neben dem aktiven Vogelflug beispielsweise auch von großer Bedeutung für die Evolution des Gigantismus bei sauropoden Dinosauriern war. Längst ist durch die so verursachten Hohlräume in den Knochen bekannt, dass luftsackartige Strukturen lange vor den Vögeln „erfunden“ wurden, denn man findet pneumatisierte Knochen neben den gigantischen Sauropoden auch in verschiedenen Raubsauriern. Wann genau und wie oft Luftsäcke entstanden sind, war bislang jedoch nicht nachvollziehbar.

Pneumosteum: Ein bislang unbekanntes Knochengewebe als Indikator

Filippo Bertozzo war von der Analyse der Knochenstruktur im Rahmen seiner Masterarbeit am Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie und Paläontologie der Universität Bonn sehr überrascht: „Die mit den Luftsäcken in Kontakt stehenden Knochen weisen eine durch sehr feine und dicht gepackte Fasern charakterisierte ganz eigentümliche Feinstruktur auf. Nachdem sich zeigte, dass dies sowohl in den modernen Vögeln als auch den ausgestorbenen Dinosauriern der Fall ist, haben wir vorgeschlagen, dieses besondere Knochengewebe als `Pneumosteum´ zu bezeichnen.“

Besonders erstaunlich war, dass sich Pneumosteum nicht nur im Inneren von pneumatisierten Knochen nachweisen ließ, sondern auch auf der Oberfläche von auffälligen Gruben an den Halswirbeln von sauropoden Dinosauriern. „Solche Gruben waren zwar schon vorher als mögliche Ansatzstellen für Luftsäcke interpretiert worden, aber erst unsere mikroskopischen Untersuchungen liefern nun wirklich überzeugende Argumente dafür“, sagt Dr. Lambertz.

Auch andere Weichgewebe, wie beispielsweise Muskeln, können an ihren Ansatzstellen Spuren im Knochen hinterlassen. „Man findet verschiedene Arten von Fasern im Knochengewebe, doch das Pneumosteum hebt sich klar von diesen ab“, erklärt Prof. Dr. Martin Sander vom Steinmann-Institut in Bonn. Diese charakteristische Eigenständigkeit des Pneumosteums macht es somit zu einem hervorragenden Indikator für Knochen, die in Verbindung zu Luftsäcken gestanden haben.

Zugang zur Vergangenheit und Stoff für weitere Forschung

Da sich Pneumosteum nur in Vertretern der Dinosaurierlinie nachweisen lässt, eröffnet sich nun die Möglichkeit, den evolutionären Ursprung dieser bedeutenden Struktur nachzuvollziehen. Pneumosteum ist nicht nur auf Knochen mit ausgeprägten Hohlräumen beschränkt, sondern kann auch an der Knochenoberfläche nachgewiesen werden. Diese Differenzierung eröffnet erstmals den Zugang zur Analyse von Arten, die zwar möglicherweise Luftsäcke als Teil ihres Atmungssystems, aber keine pneumatisierten Knochen hatten.

Die direkte fossile Überlieferung von Luftsäcken ist nahezu ausgeschlossen, da ihre nur wenige Zellen dünne Struktur nicht erhaltungsfähig ist. Prof. Sander ist daher davon überzeugt, dass mit diesem neuen, auf dem Pneumosteum basierenden Ansatz noch umfangreiche Forschungsprojekte zur Evolution des Atmungssystems der Dinosaurier folgen werden. Dr. Lambertz: „Dieses Projekt belegt erneut die große Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit von Zoologen und Paläontologen, um einen Zugang zur Aufklärung des Evolutionsgeschehens zu erlangen.


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.uni-bonn.de/neues/001-2018

Quelle: Universität Bonn (01/2018)


Publikation:
Lambertz M, Bertozzo F, Sander PM: Bone histological correlates for air sacs and their implications for understanding the origin of the dinosaurian respiratory system. Biology Letters 14: 20170514. 
http://dx.doi.org/10.1098/rsbl.2017.0514

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