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Montag, den 18. Januar 2010 um 10:49 Uhr

Bauplan einer parasitären Wespe ermittelt

Sie sind in ausgewachsenem Zustand nur 1-2 mm groß: die "Nasonia"-Wespen. Doch auf ihnen ruhen große Hoffnungen. Nasonia sind parasitische Insekten, die Fliegenpuppen befallen und dadurch einen bedeutenden Schädling der Landwirtschaft auf natürliche Weise bekämpfen. Damit ihre Nachkommen Nahrung aus dem befallenen Insekt ziehen können, muss die Wespe, welche rund 40-50 Eier in eine einzige Fliegenpuppe legt, einen zu frühen Tod der Wirts-Fliegen verhindern. Als biologischer Schädlingsbekämpfer ist Nasonia noch nicht perfekt. Das könnte sich in Zukunft gentechnisch ändern lassen, denn jetzt ist das gesamte Genom von Nasonia in einem internationalen Forschungsprojekt entschlüsselt worden, an dem Zoologen der Universität Jena beteiligt waren. Die Ergebnisse werden am Freitag (15.01.) in der renommierten Fachzeitschrift "Science" veröffentlicht. "Das bereits aufgearbeitete Genom von Nasonia steht jetzt zur Verfügung", freut sich PD Dr. Reinhard Predel von der Friedrich-Schiller-Universität.

Nasonia ist seit langem als "Nützling" bekannt. Für die Wissenschaft wurden die Wespen-Arten unter anderem deshalb interessant, weil ihre Zellen oft eigene "parasitische" "Wolbachia"-Bakterien enthalten. Das internationale Forscherteam - unter der Leitung des US-Amerikaners Prof. Dr. John H. Werren - hat u. a. ermittelt, dass diese Bakterien einen ungewöhnlich ausgeprägten lateralen Gentransfer mit den Wirtszellen durchführen. Dadurch finden sich Gene der Bakterien auch in dem Genom der Wespe, was die Analyse des Erbgutsatzes "erheblich erschwert", wie Reinhard Predel erlebt hat. Erst eine komplette Beseitigung der Bakterien mittels Antibiotika hat die Befunde zum Gentransfer absichern können.

Der Jenaer Zoologe und seine Kollegin Dr. Susanne Neupert waren nicht an der Entschlüsselung der Gensequenzen selber beteiligt. Ihr eigentliches Verdienst - nachdem sie dank zahlreicher Vorarbeiten überhaupt in das internationale Team eingeladen worden waren - liegt in der Überprüfung der Annahmen der Genetiker. Wenn die Erbgutforscher z. B. eine Prognose gemacht haben, ein bestimmtes Gen sei für die Produktion von Hormonen zuständig, dann hatten die Jenaer Neuropeptid-Experten die schwierige experimentelle Aufgabe, jene Aussagen zu bestätigen oder zu verwerfen.

"Wir schauen in die Tiere hinein, ob die vorausgesagten Endprodukte existieren", vereinfacht Predel einen langwierigen Prozess, zu dem neben wissenschaftlicher Expertise auch handwerkliches Geschick gehört. "Die Konzentration von Hormonen und Transmittern im Tier ist sehr gering", erläutert Susanne Neupert. Um die entsprechenden massenspektrometrischen Untersuchungen durchführen zu können, mussten die Jenaer Wissenschaftler dem Gehirn der winzigen Wespen hormonproduzierende Zellgruppen entnehmen - eine Präparation zwischen Herzschlägen, denn "die Miniaturisierung ist extrem", bestätigt Predel. Trotz mancher frustrierender Momente - "wir haben das Tier nicht wirklich geliebt", gibt Predel zu - gelang es im Laufe eines Jahres. Und so wurden zur Freude der beiden Zoologen hervorragende Massenspektren erstellt. Dank der Jenaer Analysen konnten zahlreiche Neuropeptide identifiziert und mögliche Funktionen für die Verhaltenssteuerung postuliert werden.

"Mit dieser Arbeit sind die Genome der ersten parasitischen Insekten bestimmt worden", freut sich Reinhard Predel über diese Pionierleistung. Nasonia gehört zu über 100.000 parasitischen Wespenarten, die für die menschliche Gesellschaft von potenziellem Nutzen sein könnten. Um jedoch den kleinen Schädlingsbekämpfer gentechnisch zu optimieren und die Biologie von Nasonia besser verstehen zu können, "müssen sicher noch einige verwandte Arten sequenziert werden", weist Predel auf die zukünftigen Aufgaben hin. Dabei gilt es herauszufinden, welche Gene für die parasitische Lebensweise besonders wichtig sind. Der Anfang ist gemacht, wie der aktuelle Science-Beitrag und die ihn begleitenden detaillierten Publikationen beweisen.

Den ganzen Artikel finden Sie unter:

http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/PM100114_Nasonia.html

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena (01/2010)

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