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Mittwoch, den 09. Dezember 2020 um 09:14 Uhr

Auf der Spur der ge­heim­nis­vol­len dunklen Ex­zi­ton-Materie

LEDs bilden die Grundlage für die energieeffiziente Erzeugung von Licht: In ihrem Inneren entstehen durch Strom Teilchen namens Exzitonen, die in Licht umgewandelt werden. Diese „hellen“ Exzitonen besitzen „dunkle Zwillinge“, die nun ein Forschungsteam der TU Dortmund erstmalig im Detail charakterisiert hat – und dabei erstaunliche Beobachtungen machte. So konnte das Team quantenmechanische Phänomene nachweisen, die das Verständnis von Störeffekten in LEDs verbessern.

LEDs sind heute in Smartphones, Fernsehern und Lampen eingebaut und aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Möglich wurde ihr flächendeckender Einsatz erst durch die Entwicklung der blauen Leuchtdiode, für die 2014 der Nobelpreis für Physik verliehen wurde. Zuvor gab es bereits rote und grüne Leuchtdioden. Zusammen mit der blauen Leuchtdiode war es nun auch möglich, weißes Licht zu erzeugen.

Zur Lichterzeugung werden in einen Kristall negative und positive elektrische Ladungen injiziert. Wenn zwei aufeinandertreffen, wandeln sie sich in Licht um und zerfallen. Zuvor gehen sie einen gebundenen Zustand ein. Dieser Zustand entspricht einem neuen Teilchen, das Exziton genannt wird. Exzitonen können nur bestimmte Energien aufweisen, die durch die Quantenmechanik vorgegeben werden. Jeder lichtemittierende Kristall zeigt eine spezifische Serie von Energiezuständen der Exzitonen, deren Werte vom Material abhängen. Will man dieses optimieren, so benötigt man Rückschlüsse auf die Exzitonen und ihre charakteristischen Energien. Erstmals nachgewiesen wurden Exzitonen im Material Kupferoxydul (Cu2O).

Neben den hellen, lichtemittierenden Exzitonen gibt es auch dunkle Exzitonen, die nicht in Licht zerfallen können. Über eine quantenmechanische Wechselwirkung, die sogenannte Austausch-Wechselwirkung, unterscheiden sich ihre Energien von denen der hellen Exzitonen. Bisher konnte in allen bekannten Materialien, auch in Kupferoxydul, nur der niedrigste Grundzustand dieser dunklen Exzitonmaterie beobachtet werden. Ihrem Namen entsprechend waren diese Zustände bisher dunkel und verborgen geblieben.

Nun konnten die Dortmunder Physiker erstmals einen vertieften Einblick in die dunkle Exzitonwelt gewinnen. Dafür wurden starke Magnetfelder benutzt, um dunkle und helle Exzitonen miteinander zu mischen. Zudem kam eine spezielle experimentelle Technik zum Einsatz, bei der zwei Photonen mit jeweils halber Exziton-Energie genutzt werden, um das dunkle Exziton anzuregen. Wenn dieses wieder zerfällt, entsteht ein Photon, welches sich beobachten lässt. Nur durch diesen Trick lassen sich die extrem schwachen Signale überhaupt messen.

So gelang es dem Forschungsteam der TU Dortmund, die sechs energetisch niedrigsten dunklen Exzitonen zu beobachten und die Austauschenergie systematisch zu vermessen. Auf Basis der Quantenmechanik zeigten sich deutliche Unterschiede zur Atomphysik und ihren Vorhersagen. So sollten die Energien der dunklen Exzitonen systematisch unter denen der hellen Exzitonen liegen. Die Dortmunder fanden aber eine Ausnahme, nämlich den Zustand mit der zweitniedrigsten Energie. Hier ist die Reihenfolge umgedreht, das helle Exziton hat eine niedrigere Energie als das dunkle. Auch die Ursache hierfür konnten sie klären: Das helle Exziton steht in starker Kopplung mit einem anderen Exziton von höherer Energie, und wann immer in der Quantenmechanik eine solche Kopplung vorliegt, stoßen sich die beiden beteiligten Niveaus ab. Dadurch wird die Energie des hellen Exzitons abgesenkt, während sich die des dunklen Exzitons kaum ändert. Als Konsequenz wird ihre Reihenfolge gedreht.

Mit dieser Erkenntnis können nun der Einfluss der dunklen Exzitonen und die Möglichkeit zu ihrer Manipulation besser verstanden werden. So können dunkle Exzitonen die Helligkeit einer Leuchtdiode massiv stören, zum Beispiel dadurch, dass sich die Exzitonen im energetisch niedrigsten dunklen Zustand anhäufen. Umgekehrt könnte Information auch in dunklen Exzitonen gespeichert werden, da sie eben nicht zerfallen. Hier ergeben sich neue Perspektiven für ihre konstruktive Nutzung.


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.tu-dortmund.de/universitaet/aktuelles/detail/auf-der-spur-der-geheimnisvollen-dunklen-exziton-materie-6020/

Quelle: Technische Universität Dortmund (12/2020)


Publikation:
Andreas Farenbruch, Dietmar Fröhlich, Dmitri R. Yakovlev und Manfred Bayer: Rydberg Series of Dark Excitons in Cu2O. Physical Review Letters 125, 207402 (2020).
https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.125.207402

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