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Dienstag, den 14. April 2020 um 08:40 Uhr

Invasive Arten mit Charisma haben’s leichter

Die äußeren Werte zählen: Ihr Charisma hat einen Einfluss auf die Einschleppung und das Image gebietsfremder Arten und kann sogar die Eindämmung behindern. Ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, unter Leitung des Biology Centre of the Czech Academy of Sciences und des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), hat den Einfluss von Charisma auf den Umgang mit invasiven Arten untersucht.

Immer mehr Tiere und Pflanzen werden von Menschen aus ihrem Verbreitungsgebiet verschleppt – bewusst und unbewusst. Die meisten davon können sich nicht an die neuen Lebensbedingungen anpassen, manche aber etablieren sich fest. „Einige gebietsfremde Arten werden für die heimischen Arten zum Problem – als Räuber, Konkurrenten um Nahrung und Lebensraum oder Überträger von Krankheiten“, erklärt Professor Jonathan Jeschke, Forscher am IGB und der Freien Universität Berlin sowie Leiter des Invasion Dynamics Network, das die Studie initiiert hat. Als Zierpflanze, Aquarienbewohner oder exotisches Haustier werden charismatische Arten häufiger bewusst eingeschleppt als unscheinbare Spezies, so die Forschenden. „Je häufiger die Einschleppungen und je größer die Zahl der jeweils eingeführten Individuen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Art etabliert“, sagt Jonathan Jeschke.

Die gesellschaftliche Akzeptanz von attraktiven invasiven Arten mit Charisma ist höher als von unattraktiven invasiven Arten. Das kann Naturschutzmaßnahmen behindern, die die Ausbreitung einer Art eindämmen sollen: „Ein als schön oder niedlich empfundenes Äußeres kann das Management von Artinvasionen erschweren, weil dann oft die öffentliche Unterstützung fehlt“, bedauert Ivan Jaric, Hauptautor der Studie und Forscher am Biology Centre of the Czech Academy of Sciences. So wurde beispielsweise in Italien das Programm zur Kontrolle des invasiven Grauhörnchens – und zum Schutz des heimischen Eichhörnchens – durch Interessengruppen mithilfe niedlicher Comicfiguren verhindert.

Selbst die Forschung ist taxonomisch voreingenommen:

Die Forschungsschwerpunkte zu invasiven Arten werden weitgehend durch ihre ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen bestimmt. Und doch gibt es einen stärkeren Fokus auf invasive Wirbeltiere als auf Wirbellose sowie auf große und charismatische Arten. „Das Interesse der Öffentlichkeit und auch der Forschung konzentriert sich überproportional auf die charismatischen Arten. So können einseitige Wissenslücken entstehen, die dazu führen, dass Schutzmaßnahmen falsch priorisiert werden“, bemängelt IGB-Forscher Dr. Gregor Kalinkat, Mitautor der Studie.

Deshalb sei es wichtig, sich den Einfluss von Charisma auf den Umgang mit invasiven Arten bewusst zu machen und Akteurinnen und Akteure zu sensibilisieren. „Bei der Planung und Umsetzung von Managementmaßnahmen ist dieser Aspekt besonders wichtig. Konflikte, insbesondere wenn sie charismatische Arten betreffen, können aus der offensichtlichen Unvereinbarkeit zweier unterschiedlicher ethischer Perspektiven entstehen: zwischen denen, die dem Schutz des Ökosystems oder der Erhaltung der heimischen Arten Priorität einräumen, und denjenigen, die sich um das Wohlergehen der betreffenden invasiven Art sorgen“, unterstreicht Ivan Jaric die Bedeutung der Ergebnisse.


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.igb-berlin.de/news/invasive-arten-mit-charisma-habens-leichter

Quelle: Georg-August-Universität Göttingen (04/2020)

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