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Donnerstag, den 31. Januar 2019 um 06:33 Uhr

Wie sieht ein Quantenteilchen die Welt?

ForscherInnen der Universität Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften haben nachgewiesen, dass es vom Bezugssystem abhängt, ob ein Objekt wie der Ball Quanteneigenschaften aufweist. Die physikalischen Gesetze sind allerdings weiterhin davon unabhängig. Die Ergebnisse erscheinen aktuell in Nature Communications.

Eines der grundlegendsten Prinzipien der Physik besagt, dass ein auf einem Bahnsteig hüpfender Ball von einem Beobachter in einem vorbeifahrenden Zug und einem am Bahnsteig wartenden Beobachter mit denselben Gesetzen beschrieben wird – die Naturgesetze sind unabhängig von der Wahl eines Bezugssystems. Bezugssysteme wie der Zug und der Bahnsteig sind physikalische Systeme und unterliegen letztlich quantenmechanischen Gesetzen. Daher können sie sich beispielsweise im Prinzip auch in einer Quantensuperposition befinden. Wie würde jedoch die Beschreibung des Balls für einen Beobachter auf einem solchen "Quanten-Bahnsteig" aussehen? ForscherInnen der Universität Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften haben nachgewiesen, dass es vom Bezugssystem abhängt, ob ein Objekt wie der Ball Quanteneigenschaften aufweist. Die physikalischen Gesetze sind allerdings weiterhin davon unabhängig. Die Ergebnisse erscheinen aktuell in Nature Communications.

Physikalische Systeme werden immer relativ zu einem Bezugssystem beschrieben. So kann beispielsweise ein auf einem Bahnsteig hüpfender Ball entweder vom Bahnsteig selbst oder von einem vorbeifahrenden Zug beobachtet werden. Ein Grundprinzip der Physik - das Prinzip der Allgemeinen Kovarianz - besagt, dass die physikalischen Gesetze, die die Bewegung des Balls beschreiben, nicht vom Bezugssystem des Beobachters abhängen. Dieses Prinzip war seit Galileo entscheidend für die Beschreibung von Bewegung und zentral für die Entwicklung von Einsteins Relativitätstheorie. Es beinhaltet Informationen über Symmetrien der physikalischen Gesetze aus der Sicht verschiedener Bezugssysteme.

Bezugssysteme sind physikalische Systeme, die letztlich quantenmechanischen Gesetzen unterliegen. Eine ForscherInnengruppe um Časlav Brukner von der Universität Wien und dem Wiener Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) stellte sich die Frage, ob es möglich sei, die Gesetze der Physik aus der Sicht eines am Quantenteilchen "klebenden" Beobachters zu formulieren und ein Quantenbezugssystem einzuführen. Sie konnten zeigen, dass man jedes Quantensystem als Quantenbezugssystem betrachten kann. Insbesondere stellten sie fest, dass - wenn ein Beobachter im fahrenden Zug den Bahnsteig in einer Quantenüberlagerung verschiedener Positionen zugleich sieht - eine auf dem Bahnsteig wartender Beobachter den Zug in einer eben solchen Quantenüberlagerung sieht. Folglich hängt es vom Bezugssystem des Beobachters ab, ob ein Objekt wie der Ball Quanten- oder klassische Eigenschaften aufweist.

Darüber hinaus bewiesen die ForscherInnen, dass sich das Prinzip der Kovarianz auch auf Quantenbezugssysteme ausweitet. Das bedeutet, dass die Gesetze der Physik unabhängig von der Wahl des Quantenbezugssystems ihre Form behalten. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Symmetrien der Welt auf eine grundlegendere Ebene erweitert werden müssen", sagt Flaminia Giacomini, die Hauptautorin der Publikation. Diese Erkenntnis könnte im Zusammenspiel von Quantenmechanik und Gravitation relevant werden - ein Gebiet, das größtenteils noch unerforscht ist. Denn dort wird erwartet, dass der klassische Begriff des Bezugssystems nicht ausreicht und dass Bezugssysteme grundsätzlich Quanten sein müssen.


Den Artikel finden Sie unter:

https://medienportal.univie.ac.at/presse/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/wie-sieht-ein-quantenteilchen-die-welt/

Quelle: Universität Wien (01/2019)

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